Judith Schmitz

Judith Schmitz - Ihre Psychologische Beraterin im Kreis Heinsberg

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Was passiert in unserem Körper bei Stress?

Stress ist in unserem Leben allgegenwärtig und der Begriff ist in aller Munde. Alle sind „gestresst“, der Alltag ist „stressig“ und „im Stress“ erledigen wir noch schnell die Einkäufe vor dem nächsten Termin. Stress scheint jede Person in unserem Umfeld zu betreffen, sogar Kinder haben schon „Freizeitstress“. Aber was ist Stress eigentlich?

 

Das Wort „Stress“ kommt aus dem lateinischen (strictus) und heißt übersetzt so viel wie stramm, eng, straff. In der Materialprüfung beschreibt das englische Wort stress die mechanische Spannung, also die Beanspruchung eines Körpers infolge einer Belastung. Diese Definition lässt sich sehr gut auf den Menschen übertragen. Denn Stress ist die komplexe Reaktion unseres Organismus auf Umweltanforderungen. Von außen (oder auch von innen) wirkt eine Belastung in Form einer Anforderung auf uns ein, die dann Bewältigungsmechanismen in uns auslöst, um so eine Anpassung an die Anforderungen und ein neues Gleichgewicht herzustellen. 

 

Diese Reaktionen erfolgen auf verschiedenen Ebenen: 

Die kognitive / gedankliche Ebene

Auf der kognitiven Ebene erfolgt eine Bewertung der Situation. Nach dem transaktionalen Stressmodell nach Lazarus erfolgt eine Interpretation der Anforderung nach den Kriterien, ob diese für uns positiv, irrelevant oder gefährlich ist. Erfolgt auf dieser ersten Ebene die Bewertung, dass der Stressor gefährlich ist, so schauen wir in einer zweiten Bewertung auf unsere verfügbaren Ressourcen. Fühlen wir uns in der Lage, mit der Anforderung umzugehen? Haben wir ausreichende Ressourcen und Fähigkeiten? Oder ist es eher so, dass wir unsere Ressourcen als mangelhaft bewerten? Ist letzteres der Fall, so kommt es zu einem Stressempfinden. 

Transaktionales Stressmodell nach Lazarus, (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/ff/Stressmodell_-_Lazarus.svg/800px-Stressmodell_-_Lazarus.svg.png (Zugriff: 23.03.2024))

Oft schieben sich dann auch noch irrationale Gedanken wie „Ich schaff das eh nicht“ in den Vordergrund und verstärken die kognitive Wahrnehmung von Stress. 

 

Die emotionale Ebene

Ausgelöst durch die kognitive Bewertung der Anforderung als Überforderung und Stress, werden bei uns Emotionen wie Hilflosigkeit, Ärger oder Furcht ausgelöst, die dann wiederum in hormonellen Reaktionen auch körperlich abgebildet werden. 

Die vegetativ-hormonelle Ebene

Auf dieser Ebene werden die Stressreaktionen durch das Zusammenspiel von zentralem und vegetativem Nervensystem ausgelöst. Im Zuge dieses Bewältigungsmechanismus werden Hormone ausgeschüttet.

 

In Stresssituationen sorgt der Sympathikus als Teil des vegetativen Nervensystems für die entsprechenden Hormonausschüttung und somit für die Vorbereitung auf Kampf oder Flucht. Das bedeutet, dass alle Energiereserven mobilisiert werden, um so körperliche Höchstleistungen zu erreichen.  Aus dem Nebennierenrindenmark werden Adrenalin und Noradrenalin in hohen Dosen ausgeschüttet. Diese beiden Hormone setzen gespeicherte chemische Energie (wie Fette oder Glykogen) frei, die dann Energie
für eine vermehrte Muskeltätigkeit bereitstellen. Wird der Stress fortgesetzt, so wird dann zusätzlich aus der Nebennierenrinde Cortisol freigesetzt, was bei einer möglichen Verletzung entzündungshemmend wirkt. Andere Funktionen des Körpers, die für die akute Stressbewältigung nicht notwendig sind, werden abgeschaltet. Die Verdauung wird heruntergefahren und auch das Immunsystem reduziert seine Tätigkeit.

 

Die hormonelle Stressreaktion unseres Körpers ist evolutionsbedingt stark auf tatsächlich körperlich gefährliche Situationen ausgerichtet. Früher musste sich ein Mensch entscheiden, ob er vor dem Säbelzahntiger weglaufen oder gegen ihn kämpfen wollte. Dafür war natürlich die „Alarmbereitschaft“ des gesamten Körpers erforderlich. Wenn wir uns aber die Stressoren unserer heutigen Zeit anschauen, wie beispielsweise eine berufliche Überforderung oder Terminstress, so sind die hormonellen Stressreaktionen unseres Körpers hierfür eigentlich weniger geeignet. Und grade bei langanhaltendem Stress kommt es schnell zu einer kompletten Überforderung unseres Nervensystems, da die dauerhafte hochdosierte hormonelle Ausschüttung der Stresshormone unserem Organismus schadet. 

Die körperlich / muskuläre Ebene

Auf muskulärer Ebene spiegeln sich die hormonellen Reaktionen wider. So werden die Muskeln angespannt, besonders im Schulter- und Nackenbereich. Der Körper bereitet sich auch hier auf Flucht oder Kampf vor. Geballte Fäuste, eine angespannte Gesichtsmuskulatur oder auch ein Zittern sind typische Symptome dieser Anspannung. Hält die Anspannung lange an, so kommt es zu Verspannungen und den hiermit verbundenen psychosomatischen Beschwerden.

 

Die hier dargestellten Stressreaktionen unseres Körpers verdeutlichen, wie wichtig Entspannung nach einer stressigen Phase ist. Denn nur so kann sich der Organismus wieder entspannen. Die Hormone können wieder ins Gleichgewicht kommen, der Parasympathikus nimmt die Arbeit auf und sorgt dafür, dass unser Hormonspiegel wieder ins Gleichgewicht kommt, der Herzschlag sich normalisiert und alle Organe wieder ihre normalen Funktionen aufnehmen. Unsere Skelettmuskulatur entspannt sich und auch unsere Gedanken und Emotionen beruhigen sich. Befinden wir uns aber im Dauerstress und nehmen uns keine Zeit für Entspannung, so ist unser Körper auf Dauer überfordert, es kommt zu physischen und psychischen Schädigungen bis hin zum kompletten Burnout. Wie Entspannung auch im Alltag möglich ist, werde ich in meinem nächsten Blogartikel beschreiben.  

Quelle:

BA Bergische Akademie für Erwachsenenbildung GmbH (2023): Physiologie vegetativer Stressreaktionen.

Gapp-Bauß, Sabine (2008): Stress Management, Zu sich kommen statt außer sich geraten. Ahlerstedt: Param Verlag.

Beitz, W., Grote, K.H. (hrsg.) (1997): DUBBEL, Taschenbuch für den Maschinenbau (19.  Auflage). Berlin: Springer Verlag.

Ernst, G., Franke, A. & Franzkowiak, P. (2022). Stress und Stressbewältigung. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. (https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i118-2.0 (Zugriff: 23.03.2024)